Inuit und die Arktis (4): Umgang mit der Kälte



Manche bei den Polar Inuit angesprochene Aspekte werden hier tiefer gehend behandelt. Ich basiere mich auf den Arbeiten von Knud Rasmussen, Kai Birket-Smith, Diamond Jenness, Franz Boas, Jean Briggs und Hugh Brody.

Birket-Smith beschreibt detailliert Kleidung und Iglus. Er zeigt auf, aus wie vielen Arten von Fellen sie wählen können und dass es wirklich keinen Grund zum Frieren gibt!

Am wärmsten ist Bärenfell. Das trägt man, wenn man auf Atemlochjagd (s.u.) geht und sich längere Zeit nicht bewegen kann. Man kann damit ins Wasser fallen, ohne nass zu werden. Für den Alltag ist Bärenfell zu schwer.

Robbenfell ist nützlich, weil es wasserdicht ist. Bälge von Hasen, Eiderenten und Füchse geben warm, sind jedoch empfindlich. Das beste Material für Kleider ist Rentierfell. Es ist fest, leicht, sehr warm. Einziger Nachteil: Die Haare fliegen überall herum.

Die Kleidung der Inuit hat Gore-Tex-Qualität: Sie liegt so locker auf, dass zwischen Kleidung und Körper eine wärmende Luftschicht besteht. Dies erlaubt das Verdunsten des Schweisses. Birket-Smith spricht aus eigener Erfahrung, dass man schweiss gebadet sein kann und fünf Minuten später wieder trocken, ohne etwas Unangenehmes zu verspüren (Bilder Inuit-Kleidung).

Laut seiner Darstellung sind die Central Inuit die einzige Inuitgruppe, für die das Iglu die einzige Winterunterkunft ist. Er schreibt, dass sie teils riesige Iglus mit einem Durchmesser von 10 Metern bauen, die Platz für rund 100 Leute fassen.

Dass die Temperatur um den Gefrierpunkt und mehr beträgt, ist in erster Linie der schon erwähnten Tranlampe zu verdanken. In zahlreichen Gebieten, wo es weder Treibholz noch Heidekraut zum Feuern gibt, wäre ein Leben ohne dieses Wunderding kaum möglich. Sie besteht aus einer breiten halbmondförmigen Schale, die aus Speckstein geschnitzt ist. In den hinten gewölbten Teil giesst man Tran. Längs der Vorderkante wird ein Docht aus Moos angebracht. Das Ding brennt meist Tag und Nacht, strahlt ein angenehmes Licht und eine beträchtliche Hitze aus - und wenn man aufpasst, raucht es nie.

Das Bauen eines gewöhnlichen Iglus dauert nicht länger als eine Stunde. Man wählt eine Stelle aus, wo der Schnee hart und fest genug ist. Dann schneidet man rechteckige Blöcke aus und legt sie in einer ansteigenden Spirale aufeinander, verengt sie nach und nach und lässt sie Blöcke einwärts neigen, damit sich ein regelmässiger Kuppelbau ergibt. Zum Schluss verstopft man die Fugen mit Schnee. Jetzt geht die Arbeit innen weiter. An den Igluwänden baut man Bänke aus Schnee. Zum Schlafen errichtet man eine Plattform mit Matten aus Reisig und Zweigen und legt Felle darüber. Die Fenster stellt man aus Eisplatten her. Wenn man will, dann kann man sein Iglu mit denen anderer Familien mit Gängen verbinden (klassischer Kurzfilm vom Iglubau (1949)).

Iglus muss man immer wieder neu bauen. Wände können zu tauen anfangen und zu Eis werden, was die Temperatur wieder sinken lässt und den Aufenthalt unbequem macht. Deshalb kleiden die Iglulik die Innenwände mit Fellen aus. Sie werden an der Decke wie ein Innenzelt aufgehängt. Das schützt auch vor Begleiterscheinungen bei zeitweiligen Tauwettern, wenn der Wind feinen Schnee oder Regen hinein bläst. Wärme durchs Kochen wird abgefangen und es tropft nicht ständig von der Decke wie bei unausgekleideten Iglus.

Die Wärme ist auch Abhängig von den menschlichen Aktivitäten, schreibt Jean Briggs. Durchs Kochen, Tee-Aufsetzen und durch die Gegenwart der Menschen selbst. Als der Mann ihrer Gastgeberin wegfuhr, wurde es gleich kälter, die Frau wurde passiv: "The cold makes one lazy."

Wenn die Sonne zu stark wird, siedelt man ins Zelt über. Früher waren Walknochenhäuser verbreitet - nicht nur bei den Central Inuit. Es sind noch Ruinen sichtbar.

» weiter: Hundeschlitten und Kayak





Lorenz Khazaleh, Januar 2001, aktualisiert Januar 2003


:INHALT INUIT UND DIE ARKTIS:

Teil 1: Wer sind die Inuit - ein Überblick

Teil 2: Inuit in Grönland und Polar Eskimo

Teil 3: Inuit in Kanada und Central Eskimo

Teil 4: Schutz gegen Kälte: Kleidung und Iglus

Teil 5: Transport: Hundeschlitten und Kayak

Teil 6: Wirtschaft: Atemlochjagd, Karibujagd, Jagd mit Kayak

Teil 7: Gesellschaftsordnung und Schamanismus

Teil 8: Inuit am Pazifik

Teil 9: Inuit in Asien






:MEHR DAZU IM NETZ:

Bilder von der Inuit-Kleidung (by John Tyman / Pitt Rivers Museum, Oxford University)

Bilder von Iglus (by John Tyman / Pitt Rivers Museum, Oxford University)

Caribou Skin Clothing Beats High-Tech Expedition Clothing (No Tech Magazine, 20.1.13)

Wikipedia über Inuit-Kleidung (mit Bildern)

Wetterbericht für Grönland (wetteronline.de)



links update: 8.1.17