Effizienz statt Sparen?
 

Was ist von dem Faktor 4 Modell zu halten? Bringt mehr Effizienz tatsächlich mehr Umweltschutz? Und wie reell sind die vorgeschlagenen Massnahmen? Lassen sie sich umsetzen? Diese Fragen diskutierten wir auf der Basis verschiedener Vorträge.
 

1l-Auto

Die Antworten fielen verschieden aus. Kritische Stimmen wurden beim Thema 3l bzw 1l-Auto laut. Ohne flankierende Massnahmen wie steigende Benzinpreise stimulieren Sparautos nur zum Mehrfahren. Das sei der Trend der vergangenen Jahre gewesen. Ausserdem müsse der Schritt zur Massenproduktion vollzogen werden, Leute dazu gebracht werden, sich von ihrem alten Auto zu trennen.

Technisch möglich sind solche Autos schon lange. Den geringen Verbrauch erreicht man durch Leichtbauweise und Hybridantrieb (Speicherung der Bremsenergie). Das Sparpotenzial ist so gross, da man bisher 80 bis 85 Prozent der Energie im Treibstoff nicht genutzt hat. Neue Technologien ermöglichen die Herstellung leichterer Materialien (mehr Infos).

Weizäcker und Lovins ("Faktor 4") teilen die Befürchtungen. Sie stellen ausserdem die unbequeme Frage: Was für politische Folgen hat eine rückläufige Nachfrage nach Oel?"
 

Nullenergie-Häuser und "Negawatts"

Minergie-Häuser verbrauchen nur einen Bruchteil der üblichen Energie. "Minergie" ist ein festgelegter Standard, der zertifiziert wird. Bei diesem Konzept setzt man bei der Vermarktung nicht nur auf Energiesparen ("da hören Leute nur weg"), sondern auf "Zusatznutzen": Diese Häuser würden eine höhere Wohnqualität bieten (mehr Info).

Zertifizierung neben staatlicher Förderung können zur Umsetzung energiesparender Massnahmen behilflich sein. So hatte der Bund schon vor fünf Jahren die sparsamsten 25% aller Geräte zertifiziert. Das Bundeamt für Energiewirtschaft gibt der Wirtschaft klare Zielvorgaben in die Hand. Denn von 1990 bis 2010 soll der Energieverbrauch in der Schweiz halbiert werden, besonders bei der Heizenergie. Das Programm "Energie 2000", dessen Ziele nicht erreicht wurden, wurde Anfang 2001 von einem neuen Programm names "EnergieSchweiz" abgelöst (über Schweizer Aktionsprogramm).

Minergie-Häuser sind noch keine Nullenergiehäuser. Es gibt Häuser, die nur 10% der üblichen Energie oder noch weniger verbrauchen. Sie nutzen in erster Linie passive solare Energie. Superfenster fangen Sonnenenergie ein, lassen aber keine entweichen. Frischluft bekommt das Haus durch Wärmeaustauschanlagen. Sie übertragen drei Viertel der Wärme aus der Abluft auf die einströmende Frischluft (mehr).

Diese Häuser setzen sich immer mehr durch. Neue Häuser und Wohnsiedlungen werden in energiesparender Bauweise errichtet. Dazu trägt auch die Verschärfung bestehender Wärmeschutzverordnungen wie zuletzt in Deutschland bei. Ein grosses Sparpotenzial gibt es bei der Sanierung von Altbauten. Satte Gewinne lassen sich durch Wärmedämmung herein holen - wenn man bereit ist zu warten - ein Problem für private Bauherrn. So sank nach 15 Jahren Wärmedämm-Massnahmen der Stadt Freiburg/Brsg in öffentlichen Gebäude der Energieverbrauch um 49 Prozent. 11'000 Mark Investitionen standen 28'400 Mark Einsparungen gegenüber.

Und nicht nur das. Energiesparmassnahmen können andere teuere Investitionen überflüssig machen. Inzwischen fordern sogar Energieversorgungsunternehmen deshalb zum Sparen auf. In Kanada konnte deshalb der Bau eines neuen Kraftwerks überflüssig gemacht werden. Negawatts - die eingesparte Energie - tauchen als neue Goldgrube auf. In Hasselt/Belgien lässt die Stadt die Einwohner gratis Bus fahren - um so keine neue Umgehungsstrasse finanzieren zu müssen (Interview mit L. Hunter Lovins) (mehr Infos vom RMI).
 

Ressourceneffizienz in der Industrie

Die Hälfte der Energie bei Ciba Geigy werde verschwendet, sagte ein Vertreter des Chemie-Unternehmens resigniert. Die Isolation der Gebäude sei schlechter als im privaten Sektor. Es gebe zwar seit den 80er-Jahren Energiesparmassnahmen. Anreize zum Sparen fehlen, da die Energiekosten nur 2% des Umsatzes ausmachten. Die Pay-Back-Zeit bei Effizienzmassnahmen liege deshalb bei über 10 Jahren.

Aber warum muss sich Sparen lohnen? Wir tragen schöne Kleider nicht nur, weil es sich lohnt. Wir werfen auch nicht Abfall auf die Strasse, weil die Kehrichtabfuhr zu teuer ist. "Das ist auch ein kulturelles Problem", wurde kritisiert.

Weniger pessimistisch sind die Autoren von "Faktor 4". Der Verbrauch an fossilen Brennstoffen habe sich in der deutschen Chemieindustrie seit 1960 um den Faktor 4 vermindert. Sie schildern das Beispiel der Firma Dow. Vervierfachte Stoff- und Energieproduktivität erreichten sie durch Erfahrungen der Arbeiter, unter denen man regelmässig Wettbewerbe veranstaltet habe.
Viele Manager hätten begriffen, dass Abfall ein Zeichen schlechten Managements sei. Die Vermeidung von Abfall und die Verwandlung in wichtige Ko-Produkte ist zu einem Mittel der Gewinnsteigerung geworden.

Und wie in "Oeko-Kapitalismus" ausgeführt wird, sind Ingenieure dabei, Industrianlagen nach dem Vorbild eines Oekosystems zu konzipieren, das die Vorstellung von Abfall elimiert, indem der eine Betrieb die Abfallprodukte des anderen wieder verwertet etc.
 

Wie umsetzen?

Es gibt noch eine Vielzahl weiterer Möglichkeiten der Effizienzsteigerung. Es macht wenig Sinn, sie alle auf zu zählen. Wichtig: Vieles ist technisch möglich. Das Problem liegt in der Umsetzung. Wie schon angetönt wurde, sind flankierende Massnahmen notwendig. Dazu gehört ein anderes Besteuerungsmodell sowie allgemein ein vernetztes Denken. Ich werde diese Aspekte im folgenden besprechen.

Oekologische Steuerreform
Systemdenken und Modellieren